Kampfsport und Selbstverteidigung
Heute sind Kampfsport und Selbstverteidigung Sportarten mit festen Regeln. In realistischen Abwehrsituationen herrscht jedoch von vornherein ein Machtgefälle: der Angreifer ist stärker/zahlreicher als der Verteidiger. Die geistige Grundausrichtung der Kampfsportarten, einen gleich starken Partner zu besiegen, ist der Selbstverteidigungssituation prinzipiell entgegengesetzt, wo man einem überlegenen Angreifer entkommen will. Dennoch sind einzelne Kampfsport-Techniken auch im Ernstfall einsetzbar. Insbesondere Vollkontakterfahrungen der Kampfsportler können sich als hilfreich erweisen. Für Laien sind die Grenzen von Kampfsport/-kunst und Selbstverteidigung schwer zu sehen, da fast alle Kampfsportschulen mit Selbstverteidigung und geistiger Schulung werben. Entscheidend ist jedoch nicht, welches System man trainiert, sondern das Fachwissen des einzelnen Trainers, ob er also zum Beispiel weiß, wie man gefährliche Situationen erkennt und vermeidet.
Kampfkunst als Selbstverteidigung
Der Begriff Kampfsport ist zu unterscheiden von dem der Kampfkunst. Kampfkünste entstanden in Zeiten, in denen Menschen häufig mit Kämpfen konfrontiert waren und sich verteidigen mussten, sei es mit oder ohne Waffen. Um ihre komplexen und damit schwierig anzuwendenden Techniken und Prinzipien im Ernstfall zu beherrschen, ist häufig jahrelanges Studium der Kampfkünste vonnöten. Zu den bekanntesten gehören Wing Chun, Aikidō, Karate, Taekwondo und Jiu Jitsu sowie die daraus abgeleitete Judo-Selbstverteidigung. Unter den genannten ist Taekwondo inzwischen zur olympischen Disziplin, Karate zu einer vom IOC anerkannten Sportart geworden.
Soll eine Kampfkunst nach sportlichem Maßstab ausgeführt werden, müssen Reglementierungen getroffen und darin bestimmte Techniken von vornherein ausgeschlossen werden, um eine unmittelbare Schädigung des Gegners zu verhindern, z. B. der Tiefschlag beim Boxen oder Faustschläge ins Gesicht beim olympischen Taekwondo. „Wenn etwas […] im Kampfsport als Verstoß gewertet wird, ist es wahrscheinlich hervorragend für die Selbstverteidigung geeignet.“ (John Wiseman, Ausbilder der britischen Spezialeinheit SAS). Als logische Konsequenz haben sich diese Kampfkünste, nach modernen Gesichtspunkten unterrichtet, zu Kampfsportarten entwickelt. Man kann daraus auch argumentieren, dass traditionelle, zur Selbstverteidigung optimierte Disziplinen kaum eine disziplinarische Begrenzung ihres technischen Repertoires anstreben.
Spezielle Selbstverteidigungssysteme wurden mit der alleinigen Ausrichtung auf Selbstverteidigung geschaffen. Ihnen fehlt der künstlerische und spirituelle Anspruch einer Kampfkunst. Diese Systeme haben oft einen militärischen Hintergrund (Nahkampf) und sind darauf ausgerichtet, den Schülern möglichst schnell grundlegende Selbstverteidigungsfähigkeiten zu vermitteln. Beispiele für beliebte Systeme sind Krav Maga und Combatives.